Gretas Geburtstag - Einweihung der Jurte
...vorheriger Abschnitt im Buch...
Sie sieht auf das offene Meer, nach einigen Minuten dreht
sie sich zu ihm um und antwortet ihm: »Ja, Alexios, da war viel Schmerz! Es tut
mir leid, wenn ich dich verletzt habe, es war keine Absicht, ich war zu sehr
mit mir beschäftigt, das hast du richtig erkannt! Ich wusste nicht, dass du
mich beobachtet hast. Übrigens ging es mir mit Jorgos ebenso! Oh meine Güte, in
welcher Blase habe ich gelebt!« Beide lachen sie über ihre Erkenntnis. Sie
genehmigen sich einen Schluck Wein und etwas von den Köstlichkeiten, die Aglaia
ihr mitgegeben hat. »Bald sind wir in der Delfinbucht, ich bin schon
neugierig, wie die Hunde reagieren!«, sagt er zu ihr.
In der Ferne sehen sie bereits eine Gruppe Delfine aus dem
Wasser springen. Ihr Herz macht einen Sprung. Bereits als kleines Kind wollte
sie schon einen Delfin ihr Eigen nennen. Anders, als ihre Freundinnen, die
wollten alle ein Pony, sie aber war schon damals mit ihnen verbunden, woher das
kam, konnte sie nie sagen. Ruhig schaukelt das Fischerboot, auch die Hunde
verhalten sich still, gespannt sehen sie, was sich in weiter Ferne abspielt.
Die Delfingruppe kommt immer näher an das Boot heran, sie führen ihre
Kunststücke direkt vor ihnen auf.
Dann umkreisen sie das Boot und rufen, sie
spritzen mit ihren Schnauzen Wasser ins Boot, eine Spieleinladung an alle, die
im Boot sitzen. Die Hunde laufen aufgeregt hin und her, japsen in hellen Tönen,
versuchen ins Wasser zu springen. Greta hält eine Hand ins Wasser und dann, ein
Schwall von Gefühlen, als sie zum allerersten Mal die Haut eines Delfins
berühren darf. Ein Schauder des Entzückens durchläuft ihren Körper, die
seelisch-geistige Verbindung ist sofort da! Die Delfine sehen sie mit ihren
Augen durchdringend an, mitten ins Herz, mitten in ihre Seele! Jetzt erst sieht
sie, ein kleines Delfinbaby, dass sich eng an die Mama schmiegt!
»Oh mein Gott«, ruft sie entzückt aus, »bitte zwickt mich,
ich meine, ich träume! Sie lässt nun auch ihre Beine ins Wasser baumeln und
merkt, wie die Delfine sie mit ihrer Nase anstupsen, sie animieren, mit ihnen
zu spielen. »Alexios, glaubst du, das Wasser ist angenehm genug, um mit ihnen
zu schwimmen?« »Nein, Greta, bitte geh nicht ins Meer, es ist noch viel zu
kalt, du hast keinen Neoprenanzug da-bei!« »Doch, ich muss, es gibt noch eine
Frage an sie, die nur sie mir beantworten können!«, zieht sich aus und gleitet
nackt ins Meer.
Vor lauter Aufregung kommt ihr das Wasser gar nicht kalt
vor. Sofort wird sie umringt, eingekreist, sie hat das Gefühl, in ihre
Seelenfamilie aufgenommen worden zu sein! Ein unbeschreibliches Glücksgefühl
durchströmt sie! Sie wird von ihnen getragen, sie fließt mit ihnen. Ihre
kaputten Ohren hören alle Geräusche, sie kann es sich nicht erklären, doch
plötzlich kann sie jeden Ton wahrnehmen, auch ohne ihre Geräte. Sie spricht mit
ihnen und erfährt nun so zum ersten Mal, warum ihre Ohren seit ihrer Kindheit
verschlossen sind.
Geborgen, in der Obhut des Schwarms, schwimmt sie, bis ein
heller Schein ihre Aufmerksamkeit erregt. Die Delfine singen ihr Lied und
sekundenschnell ist sie umringt von weiteren Delfinen. Unzählige haben sich
versammelt. Sie steuern ein palastartiges Gebilde inmitten des Ozeans an. Hier,
sie traut ihren Augen kaum, darf sie Zeugin einer Delfingeburt sein! Das Junge
kommt mit der Schwanzflosse zuerst, damit es nicht ertrinkt, danach schubst es
die Mutter zu seinem ersten Atemzug an die Wasseroberfläche. Alle anwesenden
Delfine, genannt Schule, bilden einen schützenden Kreis um das Neugeborene, so
wird die Mutter von eventuellen Haiangriffen geschützt. Das also ist die
Überraschung, von der Ortrera gesprochen hat! Sie hat das Gefühl selbst zu
einem Delfin zu werden!
Greta dankt ihren Meeresfreunden und bittet um Geleit zu dem
Fischerboot. Sie fühlt sich wie im Rausch, als ob sie träumte. Kurz bevor sie
beim Boot ankommen, spricht die Älteste der Schule zu ihr: »Greta, nun bist du
Zeugin eines einzigartigen Erlebnisses geworden! Bitte erzähle den Menschen
davon, darüber wie sensibel unsere Meere sind, darüber, dass wir kaum noch
Nahrung finden und auch darüber, dass sie bitte keine Delfinarien besuchen
mögen. Das Baby, so wie du es heute gesehen hast, wird der Mutter entrissen,
beide leiden entsetzliche Qualen der Trennung, so wie bei euch Menschen. Wir
sind euch ähnlicher, als euch bewusst ist. Das Kleine wird dann unter
schlimmsten Voraussetzungen gequält, damit es Kunststücke ausüben kann! Bitte,
erzähle den Menschen, wie sehr wir an ihrer Seite sind, doch sollen sie auch
unseren natürlichen Rückzugsort respektieren. Trotz alldem lieben wir euch noch
immer, wir können nicht anders, wir sind Lichtwesen, reine göttliche Liebe!
Dir, liebe Greta, vertrauen wir, vertraue auch du dir mehr und den Ausführungen
von Alexios. Wir sind schon seit Jahren an seiner Seite, er hat ein gutes Herz,
denke daran!«
Sie bedankt sich nochmals innig bei ihnen, sie »winken« ihr
zum Abschied mit ihrer Flosse und dann sind sie wieder in dem weiten Meer
untergetaucht. Sie sieht ihren Luftsprüngen noch lange nach, während Alexios
ihr ein wärmendes Badetuch umlegt und ihr einen Tee anbietet.
...Fortsetzung im Buch...
© Andrea Mayr
aus dem Roman: Greta und die feminin-magische Insel