Einweihung
Lektion 3
Um 09:00 startet sie gemeinsam mit Baba Yaga zum Wasserfall. Aglaia nimmt sich die Zeit und fährt sie in die Nähe des Wasserlaufs. Unterwegs erzählen sich die Frauen sehr viel, die Stimmung ist ausgelassen und heiter. Einen kleinen Seitenhieb an Aglaia kann sich Greta nicht verkneifen und abermals geht das Gelächter los. »Greta, mein Schatz! Es musste sein! Wirklich, es tut mir sehr leid, ich durfte dich nicht einweihen! Derartiges darfst du immer wieder von Baba Yaga erwarten!«

Sie fahren diesmal in den Norden und was sie sieht, beeindruckt sie sehr! Die Landschaft ist grüner, als im Süden. Vorbei an uralten Bäumen, die links und rechts neben der Fahrbahn gedeihen, teils mit Flechten bewachsen sind.
»Wie im Märchenwald sieht es hier aus! Wie kommt es, Aglaia, dass du mir diese Gegend nie gezeigt hast? Die Vegetation ist viel üppiger als im Süden der Insel.« »Das kommt daher, meine Liebe, dass ich in den letzten Jahren mit der Pension und der Taverne viel um die Ohren hatte. Erst jetzt gestatte ich meinem liebsten Ehemann von allen, dass er sich auch etwas nützlich macht! Schön hier, nicht wahr! Der Regen fällt hier oben häufiger, als bei uns im Süden. Die Temperaturen sind auch im Sommer immer erträglich.« Ein würziger Duft strömt durch die offenen Autofenster. Er erinnert sie an etwas, wenn sie nur wüsste, woran…

Der kleine Parkplatz befindet sich genau genommen mitten im Wald. Von dort führen vier Wanderwege in alle Himmelsrichtungen. Gegenüber den Parkplätzen steht eine dreihundertjährige alte Plata-ne, um die sich kleine Holzhäuschen gruppieren. In unmittelbarer Nähe gibt es einen Grillplatz mit gemütlichen Holzbänken und Stein-tischen. Eine große Tafel zeigt an, dass sie sich in einem Naturreservat befinden, die vier Wege sind mit verschiedenen Farben markiert. Greta fragt sich immer wieder, wie es möglich sein kann, von all den Schönheiten während ihrer Aufenthalte nie erfahren zu haben, wo sie doch immer auf Erdkundungstour unterwegs ist. Diese Platane erinnert sie sofort an einen Ort, wo sie vor Jahren gewesen ist, sie strahlt etwas Ehrwürdiges, Liebevolles, Einhüllendes, aus. Nebenbei fragt sie sich, wie die 93-Jährige Baba Yaga diese Wege bewältigen können wird…

Der anfangs steile Anstieg erweist sich bald als gutbegehbarer Weg, eine Tafel zeigt ihnen, dass der Weg zum Wasserfall mit zwanzig Minuten ausgeschrieben ist. Dieser Weg ist gesäumt von uralten, mit Flechten durchzogenen, mächtigen Baumriesen, deren dicke Äste bis in den Pfad reichen, sodass sie manchmal darüber klettern müssen. Eine besondere Energie strömt von ihnen aus, für Greta ist es die Einladung, sie zu berühren, sie genauer zu betrachten. Viele klei-ne Wesenheiten lachen ihr entgegen, sie fühlt sich aufgehoben und beschützt.

Baba Yaga erzählt: »Früher, als die Insel nur von Frauen bewohnt war, kamen sie hierher, um für die Gemeinschaft wichtige, anstehende Entscheidungen zu besprechen und Antworten zu erhalten. Dieser Weg, auf dem wir heute gehen, ist sozusagen, ein heiliger Weg. Daher bitte ich euch, bis zum Wasserfall zu schweigen, damit ihr euch voll und ganz auf diese Energien einlassen könnt!« Schweigend gehen sie hintereinander her, der Pfad lässt ein nebeneinander gehen, kaum zu. Jede der Frauen ist mit ihren eigenen Eindrücken und Gefühlen beschäftigt.

Während des Gehens weiß Greta auf ein-mal, an welchen Ort sie erinnert wird. Dieser Weg ist beinahe ident mit dem auf der Insel Madeira, in der Pául da Serra, beim Risco Wasserfall und bei den Levada das 25 Fontes. Und dann fällt ihr der würzige Geruch bei der Anreise ein, es ist dieser Geruch, der alten Lorbeerbäume, sie ist sich sicher, dass es hier einige geben muss. Diese Insel, sie ist Magie pur! Sie hat alles, was Greta für ihren Seelenfrieden benötigt!

Anfangs zaghaft, dann immer lauter werdend, hört sie das Getöse des Wasserfalls. Als sie direkt davorstehen, raubt ihr der Anblick den Atem! Die hereinbrechende Sonne zaubert ober- und unterhalb des Wasserfalles kleinere Regenbögen, so ein Schauspiel hat sie noch nie gesehen! Sie steht da, fassungslos, staunend und bemerkt, wie ihre Tränen die Wangen benetzen. »Unglaublich«, widerfährt es ihr, »Ich glaube, ich habe noch nie so etwas Schönes, Kraftvolles, Magisches erlebt, wie jetzt, in diesem Augenblick!« »Das ist der Lohn, für deine Bereitschaft! Heute, am dritten Tag deiner Einweihung, darfst du fühlen. Alles in dir aufnehmen, deine Kanäle sind offen. Wir gehen zum Auffangbecken, man kann darinstehen, dort erhältst du deine finale Einweihung.«

© Andrea Mayr
aus dem Roman: Greta und die feminin-magische Insel

...Fortsetzung im Buch...
 
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